Meine Erzählungen
Als ich wieder einmal wegen Krankheit auf dem Sofa saß, kam mir der Gedanke, eine kleine Erzählung für größere Kinder oder jung gebliebene Erwachsene zu schreiben.
Heraus kam:
Klara's Abenteuer Copyright by Susanne Seifert
später schrieb ich noch eine Kurzgeschichte:
Das rote Kleid Copyright by Susanne Seifert
folgt im Anschluss zu Klara's Abenteuer
Klara's Abenteuer
Als Klara die Augen aufschlug, war sie froh, denn sie hatte nur geträumt. Es war wieder ein böser Traum gewesen. Seit einiger Zeit träumte sie diese gruseligen Träume. Es war so ein Gefühl, als ob jemand in ihr Bewusstsein kriechen würde, und ihr was antun wollte. Ja, sie hatte das Gefühl, dass irgend jemand ihr nach dem Leben trachten wollte. Aber wer könnte das wohl sein? Sie konnte diese Gestalt in ihren Träumen auch nicht richtig erkennen. Sie verwarf diesen Traum gleich wieder. Erzählen konnte sie das sowieso niemandem. Man würde sie nur auslachen. Das gelbe Licht der Sonne erstrahlte ihr Zimmer. Als sie so in ihrem weißen Himmelbettchen lag, wanderte ihr Blick durch das Zimmer. Ihr Blick fiel auf einen großen Spiegel.
Daneben stand auf einer Kommode ein kleiner Behälter, der schon sehr alt war. Sie mochte diesen komischen Behälter, der aussah wie eine Vase. Es war ein Andenken an ihren verstorbenen Großvater väterlicherseits, den sie nie kennen gelernt hatte. Ihr Spiegelbild lächelte sie jetzt an, den es war ein schöner Morgen.
Klara war ein Mädchen von unsagbarer Schönheit. Sie war zwar erst 11 Jahre, doch ihre feinen ebenmäßigen Züge in ihrem Gesicht verzauberten jeden. Sie hatte weißblonde lange Haare, die sie als Lockenpracht trug. Durch das Sonnenlicht, sah das Haar aus wie goldene Seide. Ihre Augen waren so blau, als ob man in einen tiefen, glasklaren Bergsee schauen würde. Ihre Haut war leicht gebräunt. Sie war schon recht groß für ihr Alter.
Ihre Mutter wollte immer, dass Klara eine Tanzausbildung machte, denn Ihr schlanker Körper wäre dafür wie geschaffen gewesen. Klara zog es lieber vor, mit ihren Freunden Tim und Lars Bender, einem Zwillingspärchen, durch die Gegend zu streunen. Gerade gestern, hatten sie das Geisterhaus wieder erkundet. Sie nannten es Geisterhaus, da es uralt, sehr verrottet und gruselig aussah.
Aber hinein trauten sie sich noch nicht so recht. Doch heute sollte es sein. Sie hatten sich gleich nach der Schule verabredet, um in das Haus zu gehen. Es interessierte sie mächtig!
Sie besaß ein wunderschönes Zimmer. Alle Kinder aus der Nachbarschaft kamen sie gern besuchen. Die Wände waren in zartem Gelb gestrichen, die Einrichtung ihrer Möbel hatten ihre Eltern ein kleines Vermögen gekostet. Für Klara gaben sie gern ihr Geld aus.
Sie mussten ja auch nicht sparen, denn ihr Vater besaß mehrere Goldmienen in Alaska. Er hatte die Mienen schon von seinem Vater geerbt. Alaska war in Amerika und somit sehr weit weg. Sie wollte schon immer einmal nach Amerika. Aber ihre Eltern meinten, dafür wäre sie noch zu klein.
Sie liebten ihr Kind und überhäuften es mit Spielzeug und anderen Kostbarkeiten, die es in den Geschäften zu kaufen gab.
Klara hingegen, machte sich aus diesem Spielzeug nicht so viel. Sie streifte lieber durch die Gegend. Klara war frühreif für ihr Alter.
Ihr Haus war schon seit vielen Generationen im Besitz der Familie Kettering. So hieß Klara’s Familie.
Das Haus war sehr groß. Es war das prachtvollste und schönste Haus in der Gegend. Es hatte einem roten Anstrich, und ringsherum vier große Türme auf dem Dach. Am Eingangsportal ragten vier schneeweiße Säulen in die Höhe. Es war ein altes, repräsentatives Haus mit vielen Zimmern und einem unterirdischen Kellergewölbe. Die Kellergewölbe hatte Klara schon oft erkundet. Es befanden sich viele Koffer, alter Trödel und eine Menge unnützer Dinge in den Kellern. Es gab noch einen großen Weinkeller und einen Vorratskeller, wo Magda, die Köchin, ihre leckeren Lebensmittel aufbewahrte. Sie hatte fast alle Keller schon durchstöbert, bis auf einen.
Der Hausdiener Jonathan sah aus, als ob er 100 Jahre alt wäre. Er hatte ein ausgeprägtes, scharfkantiges Gesicht, mit einer dicken Warze auf der Nase. Er fand immer einen Weg, plötzlich aus dem Nichts zu erscheinen und sie aus dem Kellerbereich zu verscheuchen. Sie würde bestimmt noch eine gute Gelegenheit bekommen, den einen Keller, der ihr fehlte, zu durchstöbern.
Sie hatten auch mehrere Bedienstete, die sich um alles und jeden kümmerten. Es gab Jonathan, den Hausdiener, er wurde ja schon ausführlich beschrieben, er gehörte schon zum Inventar der Familie Kettering. Es gab Florinda, das Kindermädchen, sie war noch recht jung, so Anfang 20, mit wunderschönem schwarzen Haar, das ihr bis auf die Schultern reichte.
Magda, die Köchin, hingegen, war eine bodenständige, kleine, runde Frau mit lustigen Grübchen. Sie lachte gern und machte mit Klara oft ihre Scherze. Sie war so Mitte 40. Frau Gertenschlank, die Haushälterin, die wirklich gertenschlank war, war ca. 50 Jahre alt. Sie sah aber immer vertrocknet aus, und sehr streng gekleidet. Klara machte um sie, wo sie nur konnte, einen großen Bogen. Felix der Gärtner war der lustigste, immer gut gelaunt und Ende 30. Kaspar, der Chauffeur, war der eleganteste, er war so um die 60 Jahre alt. Klara schwatzte immer gern mit ihm.
Klara reckte und streckte sich noch einmal. Sie schlug die Bettdecke zurück um aufzustehen.
Plötzlich hörte sie laute Stimmen von unten aus der großen Halle. Die Stimmen wurden jetzt immer lauter. Klara schlich sich an die Tür. Sie nahm die Türklinke ganz fest in ihre kleinen zarten Hände. Als sie die Tür ganz langsam und leise öffnete, konnte sie das Gespräch ihrer Eltern belauschen.
Was sie dort mit anhören musste, verschlug ihr fast die Sprache. Ihre Eltern stritten sich wegen Jonathan. Was hatte er wieder angestellt? Sie hatte noch nie gesehen oder gehört, wie ihre Eltern sich stritten. Warum taten sie das? Plötzlich ging der Blick ihrer Mutter nach oben zu Klara’s Zimmertür. Als sie Klara sahen, unterbrachen sie ihren Streit.
Klara kam jetzt schneller die geschwungene Freitreppe heruntergelaufen und warf sich ihrer Mutter schluchzend in die Arme. Sie konnte es nicht verstehen, dass sich ihre Eltern stritten. Sie wollte immer Friede, Freude, Eierkuchen haben.
Ihre Mutter tröstete ihre „Kleine“, wie sie Klara meistens zärtlich nannte. Doch Klara störte es, dass ihre Mutter Kleine zu ihr sagte, denn Klara war ja schon groß, wie sie meinte.
Klara’s Mutter hatte die gleiche Haarfarbe wie sie selbst. Sie trug ihre Haare aber sehr kurz, was ihr sehr gut stand. Ihre schlanke Gestalt war so anmutig und graziös, dass Klara sich sehnlichst wünschte, auch einmal so auszusehen wie ihre Mutter.
Ihr Vater sah jetzt sehr zornig aus. Seine dunklen Augen funkelten wie zwei Kohlestücke. Sein feiner Oberlippenbart zuckte ein wenig, als er Klara sah. Er strich sich seine dunklen Haare glatt und seine Augen bekamen wieder einen warmherzigen Ausdruck.
Er straffte sich, und mit seiner schlanken Gestalt sah er aus wie ein General. Es schien so, als ob der Friede wieder eingekehrt wäre.
Als sie sich an den Frühstückstisch setzten, sagte ihr Vater, dass sie heute nach der Schule mit ihr einen Ausflug machen würden. Klara war jetzt auf einmal so aufgeregt und warf vor lauter Aufregung erst mal ihr Saftglas um. “Wo, geht es denn hin?“ „Ja, Klara wir haben uns gedacht, du würdest dich freuen, wenn wir mit dir zu Opa Hermsen fahren“. „Dort wartet eine Überraschung auf dich“.
Klara konnte keinen klaren Gedanken fassen. Das hatte sie jetzt umgehauen. „Ja aber, was ist denn mit Tim und Lars? Wir waren doch heute verabredet! Was mach ich denn?“ sagte Klara. Ihre Eltern schauten sich an und nickten stumm. Sie meinten ganz selbstverständlich, dass die Benderkinder doch einfach mitkommen sollten. „Ach toll, toll, das find ich geil, spitze, megageil“, sprudelte es nur so aus Klara heraus.
Ihre Eltern räusperten sich ärgerlich. Also diese Ausdrucksweise gefiel ihnen aber gar nicht. „Klara! Wir bitten dich!“, sprachen sie entrüstet. „Ach, Entschuldigung! Das kommt nur davon, weil ich mich so freue“, entgegnete Klara. Sie sprang auf, rannte aus dem Speisezimmer und sah noch aus den Augenwinkeln, wie Frau Gertenschlank ihr kopfschüttelnd nachsah.
Oben angekommen, schnappte sie sich erst mal ihr Handy und rief ihre Freunde an. Sie erzählte ihnen die Neuigkeit. Tim und Lars freuten sich riesig. Sie wollten ihre Eltern um Erlaubnis fragen. Aber als sie hörten, das Klara Kettering am Telefon war, und ihre Kinder zu ihr fahren wollten, verboten sie es ihnen sofort.
Tim und Lars waren sehr traurig. Aber die Benders waren einfache Menschen, und dachten, dass die Ketterings keinen guten Einfluss auf ihre Kinder haben würde. In Sonnental, so hieß die Kleinstadt, in der Klara wohnte, munkelten die Menschen, dass Klara’s Familie. die Goldmienen in Alaska unrechtmäßig erworben hätte. Aber davon hatte Klara keine Ahnung.
Opa Hermsen war der Vater von Klara’s Mutter. Er lebte sehr zurückgezogen auf dem Lande. Er besaß einen Pferdestall und hatte recht oft Reitschüler auf dem Gut. Klara wünschte sich nichts sehnlicher als ein Pferd. Vielleicht war die Überraschung sogar ein Pferd. Doch Klara musste jetzt erst mal in die Schule. Als Klara an diesem sonnigen Morgen aus dem Haus trat, war sie sehr glücklich.
Kaspar holte den Wagen aus der Garage. Der große Wagen rollte majestätisch aus der Einfahrt auf die Straße. Es war eine ausgesprochen teure Gegend, wo Klara wohnte. Sie wohnte in der Ferdinandstraße 25. Ein Haus schöner als das andere säumte die Straße. Zwischen den Häusern war selbstverständlich sehr viel Platz durch die wunderschönen Parkanlagen. Das einzige, was in dieser Straße zu stören schien, war das uralte Haus direkt neben Klara’s Haus. Es hatte dringend einen Anstrich nötig. Es war sehr heruntergekommen. Die Bretter, die vor die Fenster genagelt waren, lösten sich schon langsam; Dachziegeln fehlten. Der Garten war verwahrlost. Das Grundstück war insgesamt ungepflegt. Ein riesiges Schild hing schief an der Eingangstür: „Betreten verboten“ „Eltern haften für Ihre Kinder“. Es war eben das besagte Geisterhaus.
Kaspar fuhr jetzt etwas schneller, er wollte Klara nicht zu spät an der Schule abliefern. Klara ging in die 7. Klasse des Ottfried-Zeugner-Gymnasiums. Sie war eine sehr gute Schülerin und bei allen Schülern sehr beliebt. Aber Tim und Lars verehrten Klara schon lange. Die beiden buhlten und rangelten so richtig um die Gunst von Klara. Wenn Klara das merkte, wurde sie richtig rot, was ihr ziemlich unangenehm war. Sie mochte doch beide.
Die Kleinstadt in der Klara lebte, war eigentlich sehr provinziell. Jeder Tag war wie der andere. Es passierte nie etwas in der langweiligen Kleinstadt. Wenn nur diese besagten Gerüchte über den Reichtum der Ketterings und dem Geisterhaus nicht immer gewesen wären.
Als Klara das Schulgebäude betrat, wurde sie unter lautem „Hallo“ begrüßt. Sie freute sich jeden Tag auf die Schule. Das Lernen viel ihr nicht sonderlich schwer. Die 1. Stunde war Geschichte. Das liebte sie besonders. Als sie auf die Uhr sah, war es schon bald 13.00 Uhr. Heute war der Unterricht wie im Flug vergangen. Kaspar wartete schon am Eingang auf sie. „Na Fräulein Klara, wie war’s denn heute? Viele Hausaufgaben zu machen?“ fragte er. Klara meinte nur, sie hätte nur eine Nacherzählung auf. Das mache sie mit links. Sie dachte nur noch an die Überraschung, die auf sie wartete. Zu Hause angekommen, stürmte sie auch schon gleich zu Magda in die Küche. Klara fragte: „Was gibt es denn heute zu Essen? „Heute gibt es Pizza!“ antwortete Magda. Klara konnte sich kaum beherrschen. Vor Freude sprudelte es nur so aus ihr heraus: „Yeah, super, stark“. Klara wirbelte Magda durch die Küche. „Mensch, habe ich den heute Geburtstag? Womit habe ich das verdient?“ rief Klara.
Um 14.00 Uhr läutete man zum Essen. Klara schlang die Pizza nur so herunter. Ihre Eltern verkniffen sich das Lachen und waren ausnahmsweise einmal nachsichtig mit ihr. Nach dem Essen erledigte Klara noch schnell ihre Hausaufgaben. Anschließend fuhren sie zu Opa Hermsen, der schon sehnsüchtig auf sie wartete. Ihr Großvater verband Klara ganz feierlich die Augen mit einem zart-rosa Schal, und führte sie in den Stall. Dort befreite er sie von der Augenbinde. Vor ihr stand das schönste Pferd, das sie jemals gesehen hatte. Sie war begeistert! Sie streichelte seinen prachtvollen schwarzen Kopf, der sich wie Samt anfühlte. Sie nannte ihn Sultan, weil er so stattlich und orientalisch aussah. Sie war überglücklich. Nachdem sie sich mit ihm angefreundet hatte, machte sie mit ihren Eltern einen wunderschönen Ausritt in das Umland.
Müde, aber sehr glücklich fuhren sie dann am späten Nachmittag wieder nach Hause zurück.
Als ihr Chauffeur am Abend in die hellerleuchtete Einfahrt der Ketterings einbog, konnte man schon von weitem das wunderschöne Haus mit seinen weißen Säulen sehen. Doch was war das? Am Eingangsportal stand ganz aufgeregt Frau Gertenschlank. Ihre Haare, die sie immer zu einem Dutt steckte, was übrigens furchtbar streng aussah, waren durcheinander geraten. Sie war auch sehr fahl und grau im Gesicht. Frau Kettering fragte sofort, was denn passiert wäre, aber Frau Gertenschlank blickte angstvoll auf Klara und sagte nur: „später“. Florinda brachte Klara sofort auf ihr Zimmer. Herr und Frau Kettering gingen mit Frau Gertenschlank in die Bibliothek. Was war nur passiert?
Aus Frau Gertenschlank brach es sofort heraus: „Die Kinder, die Kinder!“ „Ja, was für Kinder?, sagten die Ketterings. Frau Gertenschlank wechselte die Farbe und sagte: „Tim und Lars“. „Was ist denn mit ihnen?“ fragten die Ketterings. „Sie sind verschwunden!“ Sagte Frau Gertenschlank endlich. „Wie schrecklich!“. „Weiß man denn schon genaueres?“ wollte Frau Kettering wissen. „Man weiß nur, dass sie zum Geisterhaus wollten. Eigentlich sollte Klara mitgehen, aber sie waren ja mit ihr bei Herrn Hermsen“,. sagte Frau Gertenschlank, die sich jetzt langsam beruhigt hatte. „Woher wissen sie das alles?“ drängte nun Herr Kettering. „Frau Bender hatte im Kinderzimmer der Zwillinge einen Lageplan vom Geisterhaus und ein paar Notizen gefunden. Mehr nicht. Man vermutet, das sie dort waren, hat aber dort keinen mehr gefunden. Sie sind wie vom Erdboden verschluckt“, weinte Frau Gertenschlank. „Halb Sonnental ist auf den Beinen, um nach ihnen zu suchen. Man vermutet...“, Frau Gertenschlank stockte und rang förmlich nach Luft. „Ja, was vermutet man denn nun?“ sagte Herr Kettering jetzt schon etwas lauter. „Der Wahnsinnige, ist zurück!“ platzte es endlich aus Frau Gertenschlank heraus. „Der Wahnsinnige? Was erzählen sie da für einen Quatsch?“ sagte Frau Kettering. Zuerst wussten Sie nicht, was Frau Gertenschlank meinte.
Aber langsam dämmerte es
ihnen. Es waren damals zwar alles nur Gerüchte, beweisen konnte man ihm
nichts,
aber...... Frau Kettering schaute angstvoll zu ihrem Mann. „Was
machen wir
denn jetzt? Wir können Klara doch nicht einsperren“, sagte sie.
Herr
Kettering schickte die beiden Frauen nach draußen. Er musste erst mal
überlegen,
was zu machen sei.
Der Wahnsinnige“,
dachte er, „das war doch nicht möglich, oder doch“, er
wusste sich auch keinen anderen Rat mehr. Er befahl Jonathan zu sich.
Jonathan,
stand schon viele Jahre im Dienste der Ketterings. Er wusste viel. Er
war schon
seinem Vater sehr verpflichtet gewesen, erinnerte sich Klara’s Vater.
Als Jonathan zur Tür herein kam, sagte Herr Kettering, „Wir müssen was unternehmen!“. „Ich befürchte auch“, meinte Jonathan. Der Wahnsinnige, hieß Dr. Grabenhorst. Im Grunde war er ein unscheinbarer Mensch gewesen. Er war sehr reich und liebte seine Kinder. Er tat alles für sie, aber seine Familie hatte ihn damals wegen der schlimmen Vorfälle und der Gerüchte verlassen.
Er war Wissenschaftler in einem Labor. Er versuchte ein Elexier herzustellen, das Kindern die Möglichkeit gab, für 3 Stunden erwachsen zu werden. Er wollte für seine Kinder das erreichen. Welches Kind wollte nicht einmal schnell erwachsen sein? Also blieb er bis spät in die Nacht in seinem Labor, forschte und laborierte so lange, bis er ein Elexier finden würde. Und er fand es auch. Doch damals verschwanden einige Kinder, die keine Eltern mehr hatten. Sie lebten in einem Heim in Sonnental.
Man verdächtigte Dr. Grabenhorst. Wegen seiner unglaublichen Experimente nannte man ihn hinter seinem Rücken den Wahnsinnigen. Als die Lage sich immer mehr zuspitzte verschwand Dr. Grabenhorst.
Nachweisen konnte man ihm nichts. Das Verschwinden der Kinder blieb ungeklärt. Sie waren wie vom Erdboden verschwunden. Und jetzt das Verschwinden der Benderkinder. Das Haus, wo früher das Labor von Dr. Grabenhorst war, wird heute von den Kindern im Ort Geisterhaus genannt. Dort hing zwar all die Jahre das große Schild mit der Aufschrift „Betreten Verboten“, aber kein Kind hat sich bis heute daran gehalten. Heute schreiben wir das Jahr 1999 und es waren jetzt genau 100 Jahre her, seitdem das letzte Kind verschwand und mit ihm Dr. Grabenhorst. Waren das vielleicht nur Zufälle, oder gab es da einen Zusammenhang?
„Wir müssen Klara alles erzählen, damit sie gewarnt ist“, sagte Herr Kettering zu Jonathan.
Sie wollten gerade die Bibliothek verlassen, da klingelte das Telefon.
Es war der Kommissar der Kleinstadt, Herr Peter Krein. Er wollte nur allen Familien mit Kindern Bescheid geben. Er bat um größte Vorsicht. Alle Eltern sollten gut auf ihre Kinder aufpassen. Doch es war schon zu spät. Klara hatte das Haus schon verlassen. Die Dinge nahmen unaufhaltbar ihren Lauf.
Als Klara von Florinda auf ihr Zimmer gebracht wurde, konnte sie sich unter einem Vorwand wieder hinunter zur Halle schleichen. Sie fand die Tür der Bibliothek einen Spalt weit geöffnet vor und konnte das Gespräch zwischen ihren Eltern und Frau Gertenschlank belauschen.
Schnell überlegte sie was zu tun wäre. Sie ahnte, da die Benderzwillinge immer sehr mutig waren, sich allein ohne sie in das Geisterhaus geschlichen hatten.
Sie schnappte sich ihren Regenmantel, denn inzwischen regnete es sehr heftig. Als Klara nach draußen lief, klatschte ihr der Regen so in die Augen, dass sie blinzeln musste. Sie wusste genau, wo sie hinlaufen würde. Zum Geisterhaus.
Sie hatte zwar Angst, aber ihre Freunde Tim und Lars gingen jetzt vor. Sie erinnerte sich daran, wie sie sich zu dritt tagsüber um das verbotene Haus geschlichen hatten. Jetzt war es dunkel und inzwischen stürmte es ganz heftig.
Als Klara am Geisterhaus ankam, sie hatte Gott sei dank keinen weiten Weg zu gehen, zitterte sie ganz stark. Sie bahnte sich ihren Weg durch den verwilderten Garten.
Doch plötzlich hörte sie einen komischen Laut. Sie erschrak und blieb stehen. Zitternd schaute sie sich ängstlich um, doch sie konnte in der Dunkelheit nichts erkennen. Also ging sie langsam weiter. Ihre Füße machten knirschende Geräusche auf dem Kies. Dann ganz plötzlich, bekam sie einen dumpfen Schlag gegen die Brust, strauchelte und viel zu Boden. Als sie sich wieder berappelte, hörte sie ein Fauchen in ihrer Nähe. Sie konzentrierte sich ganz stark auf dieses Geräusch. Sie atmete laut auf, als sie die Katze von Nachbar Krause entdeckte. Tassilo hatte ihr einen mächtigen Schreck eingejagt. Inzwischen war sie schon durch den Regen ganz aufgeweicht. Sie entschloss sich, da sie auch keine Taschenlampe bei sich hatte, erst mal wieder nach Hause zu gehen. Später, wenn alle schliefen, würde sie nochmals zum Geisterhaus zurückgehen.
Zu Hause angekommen, war das Geschrei groß. Sie musste sich von ihren Eltern und der gesamten Dienerschaft eine so große Standpauke abholen, dass sie meinte, immer kleiner zu werden. Man fragte sie aus, wo sie denn gewesen wäre. Aber Klara verriet nichts. Zu allem Ärger musste sie sofort auf ihr Zimmer, und bekam für die ganze Woche Stubenarrest.
Als sie auf ihrem schönen Himmelbett lag und in den großen Spiegel sah, überkam sie ein Gefühl der Verzweiflung und ohnmächtiger Wut. Magda die Köchin, wollte ihr noch etwas Gutes tun und hatte auf Klara’s Nachttischchen einen giftgrünen Wackelpudding abgestellt. Den mochte Klara so gern. Aber in diesem Moment war Klara so zornig über die Situation, dass sie das Schälchen mit dem Wackelpudding nahm, und es ohne lange zu überlegen an den Spiegel warf. Es gab einen lauten Knall. Aber der Spiegel war nicht kaputt gegangen. Klara stand jetzt vorsichtig auf und besah sich das Malleur. Der Spiegel hätte eigentlich zerbrechen müssen. Sie nahm aus ihrem Wäscheschrank schnell ein Handtuch und fing an, den Spiegel wie wild zu putzen. Auf einmal gab es ein Knacken. Sie wich erschrocken zurück. Auf einmal öffnete der Spiegel sich wie von Geisterhand. Sie hatte ohne es zu wollen, einen geheimen Mechanismus betätigt. Schnell schloss sie ihre Zimmertür ab, nahm ihre Taschenlampe aus dem Schreibtisch heraus und ging durch den geöffneten Spiegel. Sie stand nun in einem Geheimgang. „Wo führte dieser Gang wohl hin?“ dachte sie. Sie entschloss sich, den Gang genauer zu erforschen.
Es roch sehr modrig und ihr war recht flau im Magen. Sie hätte doch den Wackelpudding essen sollen. Aber dann hätte sie diesen Geheimgang niemals gefunden. Als sie die Stufen hinunter schlich, musste sie an ihre Träume denken. Ihr war so, als ob ihr das alles irgendwie bekannt vorkam. Der Gang mündete in einen Keller. In diesem Keller war sie noch nie gewesen. Es musste der Keller sein, der immer verschlossen war. Sie ging zur Tür und versuchte sie zu öffnen, aber sie war verschlossen. Nun hatte sie endlich einmal Zeit, diesen Keller genauestens zu ergründen. Auch hier standen viele große Schrankkoffer herum. Die gleichen Schrankkoffer wie in den anderen Kellern. Sie ging zu einem, um ihn zu öffnen. Und siehe da, er war nicht verschlossen. Plötzlich hörte sie ein Geräusch, das immer näher kam, sie machte einen Satz und sprang in den Schrankkoffer.
Es schloss jemand die Tür auf. Herein kamen Jonathan und Frau Gertenschlank. „Was machen die denn hier?“ überlegte Klara. „Jonathan, wir müssen unbedingt die Pläne finden“, sagte Frau Gertenschlank. „Der junge Herr, darf doch von alledem nichts erfahren“. „Ja, aber wo?“, fuhr sie fort. Sie machten sich daran einige Koffer zu öffnen, um nach diesen besagten Plänen zu suchen. Da sie nichts fanden, wurden sie mürrischer und lauter. Schließlich fingen sie an, sich zu streiten. Klara merkte, dass sie ihrem Koffer, in dem sie sich versteckte, sich näherten. Sie kniff die Augen zu und dachte: „hoffentlich sieht mich keiner“! Sie legte sich schnell eine Decke um, damit man sie nicht gleich finden würde. Der Kofferdeckel öffnete sich mit einem lauten Knall. Klara zitterte wie Espenlaub. Sie hörte, wie die beiden sich unterhielten: „Die Wahrheit darf nie ans Licht kommen, das sind wir unserem alten Herrn schuldig“. Sie machten sich gerade daran, die Decke, die Klara als Tarnung benutzte, wegzunehmen, als Klara die Stimme ihres Vaters hörte. „Jonathan, bist du da unten irgendwo?“ Jonathan zuckte zusammen. „Ja, Herr Kettering, ich bin hier unten“, antwortete Jonathan. „Ach gut“, rief Herr Kettering nach unten, „bring mir bitte sofort eine gute Flasche Wein mit nach oben“. Jonathan schnappte sich Frau Gertenschlank, schloss hinter sich die Tür zu und sagte: „Wir kommen später noch einmal wieder!“
Klara hatte noch einmal Glück gehabt. Aber jetzt wusste sie, das hier etwas nicht stimmte. Was war das mit ihrem Großvater? Sie wusste nur, ihr Großvater hatte damals die Goldmienen in Alaska erworben.
Dadurch wurde die Familie Kettering so unsagbar reich. Ihr Vater tätigte die Geschäfte nur per Telefon. Sie erinnerte sich nur schwach daran, das sie einmal ein Gespräch ihrer Eltern belauscht hatte, indem es sich um einen verschwundenen Geschäftspartner ihres Großvaters gehandelt hatte. Aber ihr Großvater war schon viele Jahre tot.
Jetzt musste sie sich aber beeilen. Jonathan und Frau Gertenschlank konnten jeden Moment wiederkommen. Als sie die Decke zurückschlug und aus dem Koffer klettern wollte, merkte sie, wie etwas an ihrer Kleidung hängen blieb. Sie hatte ja die warme Angora-Hausjacke angezogen. Es waren alte Schriftrollen. Klara beäugte sie im Schein ihrer Taschenlampe. Als sie wieder ein Geräusch vernahm, huschte sie schnell die dunkle Treppe wieder hoch zu ihrem Zimmer, kroch durch die Spiegeltür und verschloss sie wieder. Keiner konnte nun mehr erkennen, dass man den Spiegel öffnen konnte. Im Zimmer angekommen, hatte sie nun endlich Zeit, sich diese Schriftstücke einmal näher anzusehen. Auf der einen Rolle war ein Lageplan eines Hauses abgebildet. Sie studierte ausgiebig den Plan. Langsam wuchs bei ihr die Erkenntnis, dass es sich bei der Abbildung um das Geisterhaus handeln musste. Aber wie das aussah, musste es eine Verbindung zu ihrem eigenen Haus geben. Klara überlegte: „Es sah aus, wie ein Tunnel. Ja, es war ein Tunnel. Aber wieso? Und warum? Was machte das für einen Sinn?“ Die andere Schriftrolle, da konnte Klara sich aber nun gar keinen Reim drauf machen: Es war so eine Art Maschine darauf eingezeichnet. Sie sah aus wie die Heißmangel von Magda. „Was war daran so besonders, dass man den Plan versteckte?“, dachte sie angestrengt. Sie hatte keinen blassen Schimmer, um was es sich handeln könnte. Sie musste noch einmal zurück in den Keller. Aber wie konnte sie Jonathan und Frau Gertenschlank ablenken? Sie dachte schnell nach, und hatte auch schon die Lösung. Sie wusste, dass die beiden diese Unterlagen, die jetzt sie besaß, unbedingt haben wollten. Also sollten sie die Unterlagen so schnell wie möglich bekommen, damit Klara noch einmal in Ruhe den Keller durchsuchen konnte. Geschwind spähte sie hinaus auf den Flur, schlich in das Arbeitszimmer ihres Vaters und schaltete den Fotokopierer ein. Sie machte schnell zwei Fotokopien von den Plänen. Als sie aus dem Büro zurück in ihr Zimmer wollte, bemerkte sie Jonathan auf dem Flur, verstaute schnell die Papiere unter ihrer Hausjacke, und machte so ein unschuldiges Gesicht, als sie an ihm vorbeiging, dass Jonathan nichts bemerkte. In ihrem Zimmer angekommen, rieb sie erneut den Spiegel mit dem Tuch kräftig ab, und siehe da, der Spiegel klappte wieder auf. Schnell brachte sie die Pläne wieder in den Koffer und drückte sich abwartend in eine Nische am Anfang des Ganges zum Keller.
Sie musste nicht lange warten. Jonathan und Frau Gertenschlank kamen zurück in den Keller. Zielstrebig gingen die beiden zu dem Koffer hin, der von ihnen noch nicht untersucht worden war. Und siehe da, sie fanden was sie suchten. Sie durchsuchten die Pläne und Jonathan grunzte freudig. Frau Gertenschlank nahm Jonathan die Pläne aus der Hand, holte ein Feuerzeug aus ihrer Tasche und verbrannte eilig die Papiere. „So“, stellte sie befriedigt fest, „jetzt erfährt niemand mehr die Wahrheit“! Sie drehten sich um und verließen eilig den Keller.
Klara war jetzt wieder allein. Gerade als sie sich aus der Nische wieder herausbegeben wollte, merkte sie, wie sie mit ihrer Hausjacke an einem Hacken hängen blieb. Sie versuchte sich zu befreien, aber es ging nicht. Letztmalig versuchte sie es nochmals durch leichtes Drehen. Es gab plötzlich einen heftigen Ruck. Sie drehte sich mit dem Boden um 180°C, ohne die Füße zu bewegen. Sie befand sich auf einmal in einem anderen Gang. Jetzt war sie baff. Das kannte sie nur aus ihren Büchern. Jetzt war sie mittendrin in einer unheimlichen Geschichte.
Dank der Fotokopien der Pläne und ihrer Taschenlampe wagte sie sich in den dunklen Gang. Es war jetzt sehr kalt und nass in diesem Gang. Sie war sehr froh ihre Hausjacke anzuhaben. Sie fröstelte ein wenig, nicht nur wegen der Kälte, sondern, auch wegen der Ungewissheit, was sie am Ende des Ganges erwarten würde. Mit klopfendem Herzen und die Taschenlampe fest in der Hand, marschierte sie nun schon 10 Minuten durch den Tunnel. Viele kleine Ungeheuer umschwirrten ihren Kopf. Sie ließ sich auf ihre Knie fallen. Eilig schlug sie die Hände zum Schutz über ihren Kopf. Sie schrie wie am Spies. Kein Mensch konnte sie in diesem Tunnel hören. Sie war allein. Im Biologieunterricht hatten sie vor einiger Zeit die Fledermäuse durchgenommen. Auf einmal fiel bei ihr der Groschen. Diese kleinen Ungeheuer waren nichts weiter als Fledermäuse. Deswegen hatte sie solche Angst bekommen. „Lächerlich!“ dachte sie. „Die tun mir doch nichts!“ Sie richtete sich wieder auf und leuchtete mit der Lampe an die Deckenwand. Dort konnte sie die kleinen Fledermäuse an der Decke hängen sehen. Beruhigt setzte sie ihren Weg fort. Am Ende des Ganges angekommen, war eine Wand, sonst nichts. Sie dachte, dass hier doch irgendwo ein Hebel sein muss, damit sie weiter kommt. Klara suchte die Wand ab, fand aber nicht’s. Sie wollte schon enttäuscht kehrt machen. Noch einmal studierte sie den Lageplan. Sie sah auf den Boden, und entdeckte etwas glänzendes im fahlen Licht. Sie kniete nieder, um die besagte Stelle zu untersuchen. Sie drückte und sprang auf der Metallplatte herum, aber nichts geschah. Sie wollte schon umkehren, da versuchte sie ihr Glück zum letzten Mal. Sie nahm ihr Taschentuch und rieb an der Oberfläche der Platte. Auf einmal ruckte und zuckelte es im Gestein. Wie von Geisterhand, öffnete sich vor ihr die Wand. Noch ehe die Wand wieder zufallen konnte, zwängte sie sich durch den Spalt. Auf der anderen Seite angekommen, studierte sie erst mal den Plan. Sie war wohl hier in einem Keller, es sah ganz so aus. Dieses Haus war so geschnitten, dass mehrere Keller in dem Untergeschoss Platz hatten. Sie wollte nun von Keller zu Keller gehen. In diesem Keller standen nur alte zerbrochene Möbel.
In einem Keller standen Regale mit Flaschen, die mit seltsamen Flüssigkeiten gefüllt waren. In einem anderen lagerten nur leere Kartons. Nun ging sie in den letzten Keller. Dort fand sie eine komische Maschine. Sie holte ihren Plan aus ihrer Jackentasche. Sie verglich die Maschine mit dem Plan und kam zu dem Schluss, dass es sich um die gleiche Maschine handeln musste, wie auf dem Plan. Sie konnte damit aber nichts anfangen, sie setzte ihren Weg durchs Haus fort. „Also das war jetzt das Geisterhaus!“ dachte sie. Klara hatte mächtig Angst! Gerne hätte sie jetzt Tim und Lars bei sich gehabt, denn die beiden waren sehr mutig. Aber sie war jetzt auf sich allein gestellt und musste das Geheimnis lösen. Tim und Lars sollten endlich wieder bei ihr sein. Sie vermisste die zwei schon sehr. Also schlich sie sich ins Erdgeschoss.
Dieses Haus musste früher einmal ein sehr schönes Haus gewesen sein. Jetzt war es nur gruselig. Man erzählte sich, das der Wahnsinnige hier sein Labor gehabt hatte. Sie machte eine Faust in der Tasche und setzte ihren Weg fort. Hier im Erdgeschoss befand sich nur die große Halle und einige Räume, die sie schnell durchsucht hatte. Sie fand nichts. Vorsichtig schlich sie sich in das obere Stockwerk. Hier hatte der Wahnsinnige wohl gearbeitet! Er musste bestimmt von jetzt auf gleich alles stehen und liegen gelassen haben, denn abgesehen vom Staub, Dreck und den Spinnweben, sah hier alles aus, als ob er gleich wieder zurück kommen würde. Klara überlegte! Das Geheimnis musste mit dieser Maschine zusammen hängen. Also ging sie wieder hinunter in die Halle und weiter in den Keller. Die Pläne konnten ihr jetzt nicht mehr viel helfen. Als sie an der Maschine angelangt war, sah sie sich diese einmal genauer an. Sie war so groß wie die Heißmangel von Magda.
Aber hier war ein Sitz mit Riemen. Klara untersuchte jetzt ganz genau die Maschine. Auf der rechten Seite hatte die Maschine vier Hebel. Alle vier Hebel waren mit einem extra großem Schloss versehen. Darüber befand sich ein Kasten, auf dem die Zahl 2380 stand. Daneben war ein grüner großer Knopf. An der linken Seite waren ebenfalls vier Hebel befestigt, aber ohne Schloss. Darüber befand sich wieder ein Kasten, der seltsam unterteilt war. Da stand wieder die Zahl 2380 und das Wort – Dimension -. Die Bedeutung war Klara nicht bewusst. Daneben war ein roter großer Knopf, Klara war überfragt. Da die rechte Seite mit einem Schloss versehen war, entschied Klara sich für die linke Seite und drückte auf den roten Knopf. Auf einmal gab es einen lauten Knall. Es rauchte und zischte aus der Maschine. Klara versteckte sich hinter einem Karton. Sie musste richtig Husten, so rauchig wurde es.
Dann auf einmal, wie durch ein Wunder, saßen die Zwillinge Tim und Lars übereinander auf dem Stuhl auf der Maschine. Sie brüllten wie am Spies. Als den beiden bewusst wurde, dass Klara vor ihnen stand, sprangen sie mit einem Satz von der Maschine herunter. Beinahe hätten sie Klara umgeworfen. Alle drei brüllten plötzlich wild durcheinander.
Als sie sich wieder beruhigt hatten,. setzten sie sich auf den Boden und erzählten erst einmal. Tim und Lars fingen an. Sie wollten ursprünglich alle drei das Geisterhaus ergründen, aber Klara war ja bei Opa Hermsen. Also gingen Tim und Lars allein los. Es lief auch alles wie geplant. Sie hatten richtig Spaß. Sie kletterten durch ein kaputtes Fenster im Erdgeschoss. Als sie herunter kamen in den Keller, haben sie dann die Maschine gefunden.
„Es war so aufregend. Und auf einmal hat uns jemand die Taschenlampen aus der Hand geschlagen. Wir konnten nichts mehr sehen, wurden gepackt und auf einmal war da der ohrenbetäubende Lärm“, erzählte Tim. Klara unterbrach schluchzend die beiden: „Der Wahnsinnige, der Wahnsinnige ist wieder da. Erzählt weiter!“ Lars erzählte weiter: „Ja, und auf einmal waren wir in einer anderen Dimension.“ „Was? Wo, wart ihr? Was ist Dimension?“, fragte Klara. „Gut, was wir so mitbekommen haben, ist Dimension eine andere Welt. Es gibt dort Menschen wie hier, aber da wo wir waren, kannten wir uns nicht mehr aus, denn dort war das Jahr 2380“, erklärte Lars. „Was, wir haben doch 1999!“, sagte Klara. Lars erzählte: „Ja, das ist ja auch eine Zeitmaschine!“ „Nein“, rief Klara tief beeindruckt. „Weiter, und dann?“, forderte sie die beiden auf weiter zu erzählen. „Ja, wir waren also im Jahr 2380 in einer anderen Welt. Es war megageil, gigantisch, du musst dir vorstellen, die Erde war total neumodisch. Jeder flog zur Arbeit oder zur Schule.
Aber da es in der Zukunft ist, sieht es doch anders aus, als hier. Wir mussten uns dort verstecken. Die aus der anderen Dimension durften uns ja nicht finden. Wir wollten gerade zurückkommen, da hattest du glauben wir, auf den Knopf da gedrückt. Deshalb sind wir auch wieder da!“, schlossen die beiden ihre Geschichte. Für Klara war das zu hoch. So etwas hatten sie in der Schule noch nie durchgenommen. Klara konnte einen Augenblick nichts sagen, doch dann sprudelten die Fragen nur so aus ihr heraus: „Und wer hat nun diese Maschine gebaut? Was meint ihr, war es vielleicht der Wahnsinnige?. Wieso ist eigentlich an der Maschine das Schloss? Wenn wir das ergründen wollen, müssten wir nur das Schloss knacken!“ Für solche Gelegenheiten hatte Lars immer eine kleine Zange in der Hosentasche. Er machte sich daran, das Schloss zu knacken. Als es mit einem Knall auf den Boden donnerte, drückte Klara schnell auf den grünen Knopf. Mit lautem Getöse fing die Maschine wieder an zu arbeiten.
Schemenhaft wurden die Umrisse eines Menschen sichtbar. Die Schemen nahmen immer mehr Gestalt an, bis ein Mann, so um die 60, mit langen Haaren und einem schicken, neumodischen Anzug, den Klara noch nie gesehen hatte, auf dem Maschinenstuhl saß. Er schrie nicht! Als er erkannte wo er sich befand, lachte er übers ganze Gesicht. Aber sein Lachen war hämisch! „Wer seit ihr Kinder?“ donnerte seine Stimme. Lars und Tim Bender fingen an sich vorzustellen. Klara war die letzte, die sich vorstellte. „Wer bist DU? Klara Kettering. Aha, eine Kettering also. Das hat mir gerade noch gefehlt“, sagte der Fremde. „Wer sind sie den?“ fragte Klara, deren Stimme nun ganz leise war, als sie sprach. „Ich bin Dr. Grabenhorst“, stellte der Fremde sich nun vor. „Neeiiinn, der Wahnsinnige!“ brach es aus Klara heraus! „Der Wahnsinnige?“ Sagte Dr. Grabenhorst. „Ich sage Euch, wer der Wahnsinnige ist!“ „Dein Großvater“!, „Er hat mich um alles betrogen.“ Dr. Grabenhorst fing an, seine Geschichte zu erzählen:
„Es fing damals so an! 1899, ich war ein guter Wissenschaftler. Ich war sehr reich, da ich mehrere Goldmienen in Alaska besaß. „Mein Großvater hatte auch viele Goldmienen gekauft“, begehrte Klara auf. „Sei still, du dummer Fratz!“ „Ich erzähle!“ Sagte Dr. Grabenhorst. Also ich war ziemlich reich, hatte eine gute Frau und drei prächtige Kinder. Ich wollte für meine Kinder, das Erwachsenenelexir erfinden, was mir auch schließlich gelungen war. Ich war stolz auf mich!. Dein Großvater war mein Partner! Ihm ging es damals finanziell nicht so gut wie mir, er wollte durch mich reich werden. Er neidete mir meinen Erfolg. Ich hatte damals diese Zeitmaschine entwickelt. Das wäre mein Durchbruch gewesen. Ich hätte bestimmt den Nobelpreis erhalten. Aber dein Großvater neidete mir auch das. Dann entwickelte ich ein Verjüngungselexier. Ich machte einen Selbstversuch. Es klappte, ich wurde stündlich jünger.
Das Gegenmittel verhalf mir wieder zu meinem richtigen Alter. Ich wusste damals nicht, das dein Großvater ein Kinderhasser war. Er lockte die Kinder in mein Labor. Dort setzte er sie auf die Zeitmaschine und schoss sie in die Zukunft. Er wollte alle Kinder, die keine Eltern hatten, in die Zukunft schießen. Ich wunderte mich damals, warum er und seine Frau überhaupt einen Sohn adoptierten. Als ich seine Machenschaften entdeckte, war es schon zu spät. Er schob mir alles in die Schuhe. Und somit galt ich als der Wahnsinnige, dabei war er doch wahnsinnig. Er hat mich ruiniert und zerstört. Er hat mir meine Goldmienen geraubt. Es war der einzige Ausweg für mich, durch meine Zeitmaschine zu entkommen. Aber ich wollte zurück kommen! Ich wollte alles aufklären. Aber immer, wenn ich das Jahr angewählt hatte, kam der Befehl, „Zeitzone kann nicht angewählt werden“. Das hieß, man hatte, das andere Ende, also hier, manipuliert.
Jetzt erst fand Klara die Worte wieder: „Ja, richtig, über den Hebeln, da war ein Schloss darauf. Darum konnten sie auch nicht zurückkommen!“ „Das erklärt alles“, sagte Dr. Grabenhorst. „Ich wollte immer meine Unschuld beweisen, und deinen Großvater anklagen. Aber jetzt verstehe ich auch, warum ich mit der Zeitmaschine nie zurück kam“, fuhr Dr. Grabenhorst fort. Klara, war jetzt sehr betroffen. Die Benderzwillinge bekamen auch kein Wort heraus. „Dann bin ich ja eigentlich keine richtige Kettering“, platzte es aus Klara heraus. Aus einer Ecke hörten sie ein irres und hämisches Lachen. Klara und den Zwillingen lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. Was, war das? Auf einmal blendete sie ein großer Scheinwerfer. Dr. Grabenhorst nahm sich die Kinder und versteckte sie hinter einen großen Karton. „Wer ist da?“ Dr. Grabenhorst schrie in die Richtung der Lampe. Die Gestalt kam näher.
Und, alle erschraken. Es war Jonathan. Sein hasserfülltes Gesicht sah schrecklich aus. Aber er trug etwas in seinen Händen. Als Klara genauer hinsah, erkannte sie das uralte Gefäß, das auf ihrer Kommode stand, aus ihrem Zimmer. „Jonathan, was machst du mit dem Erinnerungsstück von meinem Großvater?“, schrie sie. Jonathan’s Blick wurde immer irrer. Er drehte am Gefäß und auf einmal kam eine kalt leuchtende fast durchsichtige Gestalt heraus. Es war ihr Großvater! Sie erkannte ihn, da sie ihn auf Bildern schon oft gesehen hatte. Ihr Großvater, der ja nun eigentlich nicht mehr ihr richtiger Großvater war, sah sehr böse aus. Er stand nun ganz nah vor Klara. Er sagte zu ihr hämisch: „Erinnerst du dich noch an deine Träume?“ Klara wurde ganz bleich im Gesicht. „Ja“, sagte die Gestalt. „Ich wollte dich umbringen und zwar ganz langsam“. „Dich quälen, darum bin ich in deinen Träumen erschienen“. Klara, hielt sich jetzt die Ohren zu.
Sie wollte nichts mehr hören. Ein paar Zentimeter über dem Boden schwebend sagte die Gestalt nun: „Erst nehme ich mir den Grabenhorst vor und dann kommst du an die Reihe, du kleiner Wurm“. Die Gestalt und Jonathan liefen plötzlich auf Dr. Grabenhorst zu, der wie gelähmt dort stehen blieb. Klara konnte keinen klaren Gedanken fassen. Sie wusste, das sie jetzt mit Tim und Lars keine Chance mehr hatten. Klara suchte zu den Zwillingen Blickkontakt. Wie von Geisterhand öffnete sich plötzlich die obere Tür, Felix der Gärtner, sprang schnell zwischen Dr. Grabenhorst, die Gestalt und Jonathan.
Felix war ja so um die 30 Jahre alt, aber in Wirklichkeit war er viel älter. Er war früher der engste Vertraute von Dr. Grabenhorst. Von ihm hat er auch das Verjüngungselexier erhalten. Er konnte sich dadurch immer jung halten und sich für diesen Tag bereithalten, um seinem Herrn beizustehen.
Inmitten des Handgemenges holte er seine Spritzpistole hervor, die er eigentlich zum Rosendüngen benutzte, sie war gefüllt mit einem Betäubungsmittel. Schnell spritzte er die Gestalt und Jonathan voll. Binnen ein paar Sekunden waren diese betäubt. Anscheinend wirkte es bei Menschen und Geistern hervorragend. Plötzlich drehte sich die Wand am Geheimgang und Frau Gertenschlank, stand mit einem Gewehr bewaffnet vor ihnen. Tim und Lars warfen sich unbemerkt von der Seite gegen die Beine von Frau Gertenschlank, so dass diese umfiel. Felix nahm schnell seine Spritzpistole mit dem Betäubungsmittel und spritzte Frau Gertenschlank voll. Krachend fiel das Gewehr und Frau Gertenschlank zu Boden. Jetzt, wo alle betäubt waren, wich aus ihnen erst mal die Anspannung. Schnell stapelten Dr. Grabenhorst, Felix und die Kinder die Bösewichter übereinander auf den Stuhl der Maschine. Sie fesselten sie mit den Riemen an den Stuhl und Dr. Grabenhorst stellte diesmal die Vergangenheit auf der Zeitmaschine ein. Die Maschine erwachte mit lautem Summen wieder zum Leben. Langsam lösten sich die Konturen der Bösewichter auf. Sie waren in der Vergangenheit verschwunden.
Das war jetzt die Strafe für die Ungerechtigkeit und Schande, die Dr. Grabenhorst erlitten hatte. Er holte aus seiner Tasche ein Fläschchen mit einem Elexier heraus. Es war ein Elexier zum Verschweißen von Metall. Dr. Grabenhorst schüttete den ganzen Inhalt über die Hebel der Zeitmaschine. Die Hebel zerschmolzen und lösten sich auf. Die Maschine war für immer zerstört. So wurde gewährleistet, das die Gestalt, Jonathan und Frau Gertenschlank für immer im Mittelalter bleiben mussten.
Als alle durch den Geheimgang in Klara’s Zimmer wieder zurück waren, überkam sie auf einmal die Müdigkeit. Die Uhr zeigte schon weit nach Mitternacht. Trotzdem weckte Klara ihre Eltern auf. Gemeinsam erzählten sie die traurige Wahrheit über den Großvater. Herr Kettering, der tief bestürzt war, rief noch in der Nacht seinen Rechtsanwalt an. Klara’s Vater, der Rechtsanwalt und Dr. Grabenhorst regelten die ganze Nacht das Geschäftliche. Am frühen Morgen des nächsten Tages, als Klara aufwachte, hatten die drei Männer alles geklärt. Dr. Grabenhorst wurde rehabilitiert. Klara’s Vater renovierte auf seine Kosten das Haus von Dr. Grabenhorst. Er stellte alles wieder so her, wie es vor 100 Jahren einmal aussah. Das Haus erstrahlte im neuen Glanz. Das Labor von Dr. Grabenhorst wurde neu eingerichtet. Die Erfolge, die ganzen Elexiere, und zu aller letzt auch die Zeitmaschine verhalfen Dr. Grabenhorst zu Ruhm, Ansehen und er erhielt sogar in diesem Jahr den Nobelpreis. Die Goldmienen wurden geteilt, so dass den beiden Familien noch genug Gold verblieb. Allgemein war die Familienehre wieder hergestellt. Zu aller letzt, kam noch die Familie von Dr. Grabenhorst, die im Untergrund lebte, zurück. Frau Grabenhorst und ihre Kinder, hatten immer an die Unschuld ihres Mannes geglaubt. Sie hatten das Verjüngungselexier genommen und warteten auf die Rückkehr von Dr. Grabenhorst und seine Rehabilitation. Somit waren alle glücklich und zufrieden. Das Gute hatte wieder einmal gesiegt.
Ende
Das rote Kleid
Rosa, ging es heute nicht besonders gut. Sie hatte Streit mit ihrem Freund Carlo gestern Abend wieder gehabt. Es war aber auch wie verhext, immer mussten sie sich wegen Kleinigkeiten in die Haare kriegen.
Ach, Rosa schob die dunklen Wolken aus ihrem hübschen Lockenköpfchen und machte sich auf den Weg zur Arbeit. Im letzten Moment bekam sie noch ihren Bus, zwei Straßen weiter. Es war die Linie 613. Sie fuhr direkt vom Löbehof nach Godesberg, ohne großen Umweg. Wenn es die Linie 610 gewesen wäre, dann hätte sie wieder den Umweg über Ossendorf in Kauf nehmen müssen. Also hatte sie wieder Glück gehabt. Der Busfahrer, der heute morgen Dienst hatte, den kannte sie schon. Es war ein junger Mann, so ungefähr in ihrem Alter, oder etwas älter. Er gefiel ihr gut! Aber kaum hatte der Bus sich in Bewegung gesetzt, da dachte sie wieder an den Streit mit ihrem Freund Carlo. Sie überlegte, ob sie sich nicht eventuell von Carlo trennen sollte. Doch jetzt war sie schon an der Stadthalle in Godesberg, wo sie aussteigen musste, um noch die U-Bahn nach Bonn zu bekommen.
Sie hatte es mal wieder geschafft, sie saß in der Bahn um 7.29 Uhr, das war morgens immer so eine Sache. Da sie eine Langschläferin war, kam sie nun mal so früh nicht aus ihrem Bett, und um 8.00 Uhr musste sie im Amt sein. Doch heute musste sie früh genug zur Arbeit kommen, denn heute kam sie in ein anderes Referat. Rosa arbeitete im Handelsamt gegenüber der Beethovenhalle und wechselte gerade an diesem Morgen ihren Arbeitsplatz. Sie war froh, dass das geklappt hatte, denn hier musste sie nicht direkt mit Carlo zusammenarbeiten, denn Carlo war auch ihr Arbeitskollege. Die Kolleginnen tuschelten sowieso schon wegen ihres Verhältnisses zu Carlo. Sie war sich überhaupt nicht mehr sicher, ob sie ihn überhaupt noch liebte, und ob sie überhaupt noch im Handelsamt tätig sein wollte. Rosa war nämlich ein sehr feinfühliger Mensch und machte sich immer direkt so ernste Gedanken. Darüber hinaus sah sie natürlich auch noch hübsch aus, mit ihren dunklen Locken, die ihr bis auf die Schultern reichte. Ihre Kolleginnen beneideten sie, um ihr Aussehen und ihren Erfolg im Büro. Rosa machte ihre Arbeit immer sehr gut und war sehr gewissenhaft und war für die Handelserklärungen der Bonner Bürger zuständig. Sie hatte deswegen auch sehr viel Publikumsverkehr, was ihr auch viel Freude bereitete.
Gerade hatte sie die letzte Akte für heute morgen bearbeitet, da kam auch schon Carlo durch die Tür. Mit seiner lauten und selbstsicheren Art, überfiel er sie wieder, als ob gestern nichts gewesen wäre. Rosa überkam das erste Mal ihm gegenüber eine Gänsehaut. Sie fasste sich und sagte Carlo unverblümt, dass sie wegen der gestrigen Auseinandersetzung erst mal Abstand zu ihm halten wollte. Sie war über sich richtig erschrocken, so viel Mut hätte sie sich gar nicht zugetraut. Da sie Gegenwehr erwartete, errötete sie leicht. Carlo war so mit sich selbst beschäftigt, dass er ihr erröten kaum bemerkte. Carlo hielt sich für den größten, schönsten, cleversten und unwiderstehlichsten Menschen aller Zeiten. Er dachte sich: "Wenn die Rosa stress macht, dann muss ich mich wohl umorientieren". Sein Adressbuch mit weiblichen Telefonnummern, war prall gefüllt. Also rauschte er hinaus, so schnell wie er hereingekommen war. Es berührte ihn nicht sonderlich.
Rosa überlegte nicht lange, raffte ihre Sachen zusammen und ging erst einmal in die Mittagspause. Die Sonne lachte und sie ging an der Beethovenhalle vorbei, Richtung Rhein. Sie liebte den Rhein. Sie gönnte sich oft einen kleinen Spaziergang in der Mittagspause am Rhein. Wenn man dann am Rhein rechts weiter ging, dann kam man an der Oper und am Alten Zoll vorbei, eigentlich konnte man an der Promenade immer weiter gehen, dann kam man bis nach Godesberg in die Rheinaue. Dort war früher einmal die Bundesgarten Schau gewesen, dort konnte man schlendern und sich prima erholen. Außerdem hatte man von hier ein wunderbares Panorama, der Drachenfels, Königswinter, ja das ganze Siebengebirge lag vor einem, so schön, wie auf einer Postkarte. Bonn war wirklich schön. Sie liebte diese Stadt, in der sie vor fast 25 Jahren geboren wurde. Ihre Eltern hatten ihr auf dem Löbehof eine schicke Eigentumswohnung gekauft, bevor sie nach Südamerika auswanderten. Ihre Eltern fehlten ihr sehr. Doch einmal im Jahr flog sie nach Argentinien, wo ihre Eltern eine kleine Farm bewirtschafteten. Dort war es noch so richtig urig. Auch wenn sie Bonn liebte, in Argentinien, das war doch etwas anderes. Die Weite, die Steppe und die vielen Rindern. Ihr Vater scherzte immer: „Sieh Rosa, dort laufen Steaks am Huf". Rosa musste dann immer lachen. Abends machten ihre Eltern dann mit den ganzen Arbeitern und ihren Familien, die auch auf der Farm lebten, ein großes Grillfest mit schöner argentinischer Volksmusik. Sie sehnte sich nach ihren Eltern.
Am alten Zoll, dort ging sie dann die Treppen hinauf, um wieder in die Stadtmitte zu gelangen. Dort oben war ein schönes Gartenlokal, wo viele verliebte Paare zusammensaßen. Sie wurde richtig melancholisch und ging schnell weiter. Sie kam an der schönen Universität mit dem großen Hofgarten vorbei, wo einige junge Leute Fußball spielten. Als sie am Kaiserplatz vorbei kam, überkam sie dann doch ein kleines Hungergefühl. Sie schlenderte über die Straße und kaufte sich in der Eisdiele ein großes Eis mit Schlagsahne. Sie konnte es sich ja leisten, sie war rank und schlank. Als sie mit dem Eis so an den Geschäften vorbei ging, hatte sie plötzlich Lust sich etwas zu kaufen. Sie ging durch die Kaiserpassage Richtung Münsterplatz, um dann bei Mode-Schneider bummeln zu gehen. Mode-Schneider war ein großes Kaufhaus. Dort kaufte sie am liebsten ein. Sie steuerte auch direkt die Damenoberbekleidung an. Sie streifte die Kleiderständer mit einem kritischen Blick und ging in die Abendgarderobenabteilung. Sie wollte nur einmal schauen, aber da, da war es. Ihr Kleid! Ein Traum von einem Kleid. Es war ein festliches kleid, für den besonderen Anlass halt. Es war rot und war sehr schlicht geschnitten. Sie hatte gleich eine Verkäuferin an ihrer Seite, die sie aufforderte, das Kleid doch einmal anzuprobieren. Doch Rosa zierte sich, und eigentlich wusste sie auch keinen Anlass, wo sie das Kleid hätte tragen können. Doch sie musste es anprobieren. Also nahm sie es in Kleidergröße 38 mit in die Umkleidekabine. Als sie ihr eigenes Kleid auszog, sah sie ihre Figur im Spiegel. Sie hatte weiße Spitzenunterwäsche an, die ihr sehr gut stand und ihre wunderschöne gebräunte dunkle Haut umspielte. Ihr Aussehen hatte sie von ihrem argentinischen Vater geerbt. Sie schlüpfte in das rote Kleid. Am Halsausschnitt glitzerten Strasssteinchen. Kleine Spagettiträger hielten die rote Seide. Sie sah sehr verführerisch aus, aber das wusste sie. Rot, stand ihr bei ihren dunklen Locken immer gut. Die Verkäuferin beglückwünschte sie zu ihrem tollen Kauf, und geleitete sie zur Kasse, wo sie mit der Europa Express Karte das Kleid bezahlte. Als sie auf den Ausgang Münsterplatz hinausging, war sie sehr glücklich. Die Sonne strahlte immer noch vom Himmel herunter. Sie musste blinzeln und als sie auf die Uhr schaute, erschrak sie gleich. Sie hatte die Mittagspause überzogen. Jetzt kam sie noch zu spät zur Arbeit zurück. Aber ihr war das jetzt egal. Sie nahm die Beine in die Hand und lief am Sterntor Richtung Friedensplatz, dann am Landgericht vorbei, an der Tierklinik rechts bog sie dann in die Straße, wo das Handelsamt war.
Als sie in ihr Büro kam stürzte sie sich auch gleich auf ihre Arbeit. Es hatte niemand bemerkt, das sie zu spät war. Die Zeit verflog, und im Nu hatte sie Feierabend. Als sie an der U-Bahn-Haltestelle, Universität-Markt ankam, sah sie wieder den Bettler auf der Erde sitzen. Er tat ihr leid. Es war immer der gleiche, der dort saß. Sie nahm aus ihrer Geldbörse 1 Euro heraus, und gab ihn dem Bettler. Als sie vorbei zur Bahn herunterging, hörte sie noch hinter sich „Danke schöön, leev Määdsche".
Sie hatte Glück, die Bahn kam gerade. Als sie in das Abteil einstieg, schaute sie sich um, fand aber keinen leeren Platz mehr. Die Bahn war wie immer voll. Also musste sie stehen bleiben. Als sie gerade einmal 1 Station unterwegs war, sah sie auf einmal den jungen Busfahrer, von heute morgen wieder. Er stieg gerade an der Haltestelle „Juridikum" ein. Als er einstieg, fiel sein Blick direkt auf Rosa. Sie lachten sich verlegen an, und er stellte sich neben sie. Da die Bahn so überfüllt war, kamen sie sich recht nah. Sie schauten sich dabei tief in die Augen. Rosa wurde ganz verlegen, denn der junge Mann gefiel ihr wirklich recht gut. Er war dunkelhaarig so wie Rosa. Sein Teint war leicht gebräunt, er hatte grasgrüne Augen, und so weiße Zähne, das Rosa von ihnen leicht geblendet wurde. Er lachte sie jetzt verschmitzt an und sagte: „Wie heißt Du denn eigentlich, ich darf doch du sagen, oder?". Rosa antwortete keck und im Nu waren sie auch schon in einem netten Gespräch vertieft.
Es stellte sich heraus, das der junge Mann, Mario hieß. Sie unterhielten sich bis sie beide in Bad-Godesberg waren, und eigentlich erfuhren sie über sich in dieser kurzen Zeit recht fiel. Seinen Job, als Busfahrer, übte er gerne aus, doch eigentlich war er noch Student. Er war so an die 26 Jahre und verdiente sich sein Studium und seinen Lebensunterhalt durch den Job als Busfahrer bei den Fahrwerken. Er war sehr strebsam, aber da er die Hilfe seiner vermögenden Eltern nicht in Anspruch nehmen wollte, dauerte sein Studium also etwas länger, als bei seinen Studienkollegen. Er fuhr gerne Bus, hatte nette Kollegen und das Geld stimmte auch. Nur die Fahrgäste, die ließen ihn manchmal doch so auf die Palme gehen. Gerade gestern Abend stand er mit dem Bus Linie 614 an der Stadthalle und wartete auf die U-Bahn, die aus Bonn kam. Er hatte über Funk mitgeteilt bekommen, dass er auf die Bahn warten sollte, damit die Fahrgäste noch ihren Anschlussbus bekommen sollten. Als er so ein paar Minuten so wartete, beschwerten sich schon die ersten Gäste, wegen der Verspätung. Sie wollten nicht einsehen, dass er noch auf die U-Bahn wartete. Dann überkam ihn wieder ein Groll gegen seine Fahrgäste. Denn das war ein egoistisches Verhalten von seinen Fahrgästen, das konnte er nicht begreifen, wie man als Mensch so sein konnte. In solchen Situationen musste er sich dann doch sehr beherrschen, um nicht aus der Haut zu fahren. Dann dachte er an solche Fahrgäste, die ihn wegen seiner besonnenen Fahrweise und seiner Freundlichkeit des öfteren lobten.
Aber jetzt wollte er an seine Arbeit nicht denken, wo er so eine schöne Frau gegenüber ganz nah stehen hatte. Er nahm sich ein Herz, und frage sie, ob sie nicht mit ihm einmal ausgehen würde. Er wusste auch schon wohin. Rosa sah ihn direkt in seine schönen grünen Augen und ein leichter Schauer lief ihr jetzt den Rücken herunter. Dieses Gefühl war jetzt kein unangenehmes, sondern ein Wonnegefühl.
Freudig nickte sie und fragte ihn, wohin er denn mit ihr gehen wollte. Mario sagte stolz: „Na in das Restaurant meiner Eltern. Lass dich überraschen"! Sie verabredeten sich für den nächsten Abend und tauschten ihre Telefonnummern aus. Mario sagte noch bevor er in Godesberg ausstieg: „Ich hole dich um 20.00 Uhr vom Löbehof ab, aber mach dich schick. Ich möchte mit dir angeben".
Als Rosa in ihrem neuen roten Kleid zu Hause am nächsten Abend vor dem Spiegel stand, war es ihr, als ob sie Mario schon viele Jahre kennen würde. Er war ihr gleich in der Bahn so vertraut gewesen. Sie kannte ihn ja auch schon vom Bus. Als Mario sie dann später ins Restaurant seiner Eltern führte, war es ihr, als ob sie schon ein altes Liebespaar waren.
Das Restaurant seiner Eltern hieß „Tassilo", es war in der Tassiloallee im Villenviertel von Bad Godesberg. Es hatte gerade vor ein paar Monaten neu aufgemacht. Die Einrichtung war modern und jedes Zimmer hatte einen anderen Wandanstrich. Ihr Tisch stand in einem roten Zimmer. Als Rosa sich in dem roten Zimmer mit ihrem roten Kleid sah, musste sie lachen. Das passte ja alles gut zusammen. Mario war hin und weg von ihr. Rosa musste sich auch eingestehen, dass Mario und sie viel besser zusammen passten als sie und Carlo. Sie verbrachten einen sehr schönen harmonischen Abend und sie schwebte auf Wolke sieben. Sie war frisch verliebt. Sie hätte es nicht geglaubt, aber ihr rotes, neues Kleid hatte ihr Glück gebracht. Sie turtelten frisch verliebt, fütterten sich gegenseitig mit dem Essen des anderen, und hatten einen wunderschönen Abend.
Als Mario Rosa nach Hause brachte, wusste er, dass er in Rosa die Frau seines Lebens gefunden hatte. Sie küssten sich zum Abschied leidenschaftlich und sahen zum Himmel herauf. Als sie plötzlich eine Sternschnuppe herunterkommen kommen sahen, wünschten Beide sich etwas.
Verraten wird das hier aber nicht, denn sonst geht der Wunsch nämlich nicht in Erfüllung, denn diese Geschichte soll ein Happy End haben.
Happy End
Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Örtlichkeiten sind nicht beabsichtigt. Dies ist eine frei erfundene Geschichte.